29. Dezember 2019
Die Entdeckung von Kepler-438b
Kepler-438b ist einer der sehr erdähnlichen Planeten. Er umkreist einen 472 Lichtjahre entfernten roten Zwergstern von ungefähr halber Sonnenmasse und der 0,044-fachen Leuchtkraft der Sonne. Das Alter des Sterns wird auf 4,4 Milliarden Jahre geschätzt. Der Stern ist auch nur geringfügig eisenhaltiger als die Sonne [1].
Der Planet selbst umkreist seinen Stern in einer Entfernung von 0,166 Astronomischen Einheiten oder 73 Sternradien auf einer fast kreisförmigen Umlaufbahn. Ein Umlauf dauert 35, 23 Tage. In dieser Entfernung zum Stern erhält der Planet ungefähr die 1,4-fache Sonneneinstrahlung der Erde. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 69,6% handelt es sich um einen felsenartigen Planeten [1].
Kepler-438b wurde mittels eines neuen Auswertungsverfahrens entdeckt. Aufgrund der Schwäche des Signals und anderer störender Einflüsse war eine Bestätigung mit Hilfe anderer optischer Methoden bisher nicht möglich. Stattdessen wurden in einer Modellsimulation bekannte Störsignale und falsch positive Signale dem Datensatz hinzugefügt, um beurteilen zu können, ob es sich um ein reales Signal handelt – es handelt sich hierbei um eine statistische Bestätigung. Der Planet bestand den Test und scheint tatsächlich zu existieren [1].
Der Planet hat zudem eine relativ hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Zustände auf seiner Oberfläche einem erdähnlichen, eskalierenden Treibhauseffekt oder sogar dem heutigen Zustand der Venus entsprechen. Das Klima ist natürlich abhängig von der genauen atmosphärischen Zusammensetzung und den angewandten Modellen. Es dürfte sich aber auf jeden Fall um eine heiße Welt handelt [1].
Kepler-438 zeigt schwere Sonnenstürme
Eine interessante neue Wendung ergibt sich aus einer Untersuchung an der Universität von Warwick unter der Leitung von Dr. David Armstrong. Dort hat man die während desselben Meßzeitraumes gesammelten Daten noch einmal analysiert und konnte zeigen, dass der Stern Kepler-438 sehr heftige Sonnenstürme erzeugt. Alle paar hundert Tage konnte ein Sonnensturm registriert werden und jedes dieser Ereignisse war heftiger als alle bisher bekannten Strahlungsausbrüche unserer eigenen Sonne, teilweise bis zu zehnmal stärker [2].
Bei jeder dieser Eruptionen gibt der Stern viel Energie in Form von ultravioletter Strahlung sowie Röntgen- und Gammastrahlung ab. Eine Atmosphäre wie die der Erde kann einen großen Anteil dieser Strahlung absorbieren, so dass nur wenig davon bis zur Oberfläche durchdringt. Kritischer sind hingegen die bei den Sonnenstürmen ebenfalls freigesetzten coronalen Massenauswürfe. Dabei handelt es sich um elektrisch geladene Teilchen, die mit hoher Geschwindigkeit abgegeben werden und mit der Atmosphäre zusammenstoßen. Beim Aufprall können Gasteilchen der oberen Atmosphäre mitgerissen werden – die Folge ist eine allmähliche Abtragung der Gashülle.
Auf der Erdoberfläche schützt uns das Magnetfeld unseres Planeten vor den schädlichen Auswirkungen der Partikelstürme. Ob Kepler-438b über ein Magnetfeld verfügt, ist nicht bekannt. Man glaubt jedoch, dass das Magnetfeld der Erde vom rotierenden Eisenkern des Planeten erzeugt wird. Kepler-438b ist seinem Stern jedoch so nahe, dass die vom Stern ausgehenden Gezeitenkräfte die Drehung des Planeten bereits deutlich gebremst haben müssten. In diesem Fall wäre auch das Magnetfeld erloschen und die coronalen Massenauswürfe hätten die Atmosphäre des Planeten größtenteils abgetragen. Anstatt „lebensfreundlich“ zu sein, wie es in manchen Presseberichten suggeriert wurde, wäre Kepler-438b vielmehr eine luftleere und trockene Wüste [2].
Einige Fragen bleiben jedoch noch offen. So ist das genaue Ausmaß der Gezeitenbremsung des Planeten abhängig von der Zeit und somit vom Alter des Planetensystems insgesamt sowie vom ursprünglichen Drehimpuls des Planeten. Auch besteht die Möglichkeit, dass der Planet sich nicht auf derselben Umlaufbahn gebildet hat, auf der er beobachtet wurde. Bei einer Entstehung in weiter außen gelegenen, kühleren Bereichen des Planetensystems könnte er zunächst einen größeren Wasser- und Gasvorrat besessen haben und später erst durch Interaktionen mit anderen, noch nicht entdeckten Planeten des Systems auf seine aktuelle Umlaufbahn geraten sein. In diesem Fall wäre die Abtragung seiner Atmosphäre noch nicht abgeschlossen.
Die bisherigen Ergebnisse deuten jedoch darauf hin, dass Kepler-438b nicht zu den lebensfreundlichen Planeten zu zählen ist.