Was ist Leben?

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11. Februar 2025

Was ist Leben? / What is Life?

Was genau ist eigentlich "Leben"?

Die Erde ist ein ganz besonderer Planet. Nur dort wimmelt es von Leben. Sicher können wir alle Leben erkennen, wenn wir es sehen, oder? Ein Kaninchen ist ganz sicher ein Lebewesen. Es hoppelt über die Wiese, mümmelt sein Gras vor sich hin, vermehrt sich… Es lebt! Passt doch so weit. Eine Eiche steht fest im Wald – das ist schon mal ein wichtiger Unterschied zum Kaninchen. Doch die Eiche nimmt über die Wurzeln Wasser und Nährstoffe auf und gibt Sauerstoff an die Luft ab. Sicher ist auch die Eiche ein Lebewesen. Aber was ist mit der sich bewegenden Flamme eines Feuers, das ganze Landstriche verzehren kann? Ist Feuer auch Leben? Woran genau können wir Leben erkennen? Welches sind die Kennzeichen für Lebewesen?

Über diese scheinbar so einfache Frage besteht unter Naturwissenschaftlern tatsächlich weniger Einigkeit, als man zuerst denken mag. In den einschlägigen Büchern findet man hierzu zwischen fünf und acht, zum Teil sogar bis zu 48 und mehr Definitionen und Merkmale.

Wir wollen uns hier auf die acht Merkmale beschränken, bei denen unter Wissenschaftlern Einigkeit besteht und daran überprüfen, ob ein Kaninchen, eine Eiche und eine Flamme Lebewesen sind. Um als Leben anerkannt zu werden, müssen unsere Kandidaten alle acht Merkmale erfüllen.

Ein Kaninchen auf der Wiese. Bild von Pppoppy / Pixabay
Flamme an einem Streichholz. Bild von M63mueller / Pixaay
Eine Eiche im Wald. Bild von RegalShave / Pixabay

Abbildung 1: Leben und Nicht-Leben sind sehr vielfältige Erscheinungen. Wie können wir beide sicher voneinander unterscheiden?

Bewegung

Ein ganz wichtiges Merkmal von Lebewesen ist Bewegung. Bei lebendigen Dingen bewegt sich immer irgendetwas. Beim Kaninchen ist die Sache offensichtlich: Das Kaninchen stellt seine Ohren auf, hoppelt über die Wiese und macht viele andere Dinge mit Bewegung.

Doch bei der Eiche sieht das schon anders aus. Die Eiche steht fest verankert im Boden. Nur der Wind fährt mal in die Krone und schüttelt sie durch. Die Eiche kann sich nicht selbst bewegen. Oder etwa doch? Betrachten wir das grüne Blatt einer Eiche unter dem Mikroskop, dann können wir dort eine ganze Menge Bewegung erkennen. In den Zellen des Blattes sehen wir viele Strömungen. Die grünen Chloroplasten verändern ihre Position, je nachdem, ob wir das Blatt stark oder schwach beleuchten. Bei starker Beleuchtung ordnen sich die Chloroplasten ganz eng an der Zellwand an, um so wenig Licht wie möglich zu erhalten. Umgekehrt verteilen sich die Chloroplasten bei schwacher Beleuchtung so weit wie möglich in der Zelle, um möglichst viel Licht aufzufangen. Und filmen wir im Frühjahr den Zweig einer Eiche im Zeitraffer, dann sehen wir die Entfaltung der neuen Blätter. Auch die Eiche erfüllt somit dieses Merkmal des Lebens.

Eine Flamme bewegt sich im Luftstrom und wird jede Gelegenheit nutzen, sich auszubreiten und von einem Ort zum anderen zu wandern. Auch hier ist das Kriterium für Leben erfüllt.

Kaninchen:

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Eiche:

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Flamme:

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Stoffwechsel

Das zweite wichtige Merkmal ist der Stoffwechsel. Damit ist gemeint, dass Stoffe aus der Umgebung aufgenommen, irgendwie verarbeitet und andere Stoffe wieder abgegeben werden. Beim Kaninchen ist das gut zu sehen. Das Kaninchen frisst grüne Blätter und gibt dunkle Ködel wieder ab – auf jeder größeren Wiese gut zu beobachten.

Bei der Eiche ist der Stoffwechsel nicht ganz so offensichtlich, aber mit entsprechenden Vorkehrungen dennoch zu beobachten. Die Eiche nimmt mit ihren Wurzeln Wasser und verschiedene Salze aus dem Boden auf. Das Wasser verdunstet sie an den Blättern wieder, wo sie auch Kohlendioxid aus der Luft aufnimmt und Sauerstoff abgibt. Sehr gut: Auch die Eiche ist nach diesem Kriterium ein Lebewesen.

Die Flamme, wenn sie zum Beispiel am Streichholz brennt, nimmt organische Stoffe aus dem Holz und Sauerstoff aus der Luft auf und gibt Ruß, Wasserdampf und Kohlendioxid wieder ab. Auch die Flamme ist nach diesem Kriterium ein Lebewesen.

Kaninchen:

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Eiche:

Check Ja Klein

Flamme:

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Homöostase

Eng mit dem Stoffwechsel verbunden ist das Kriterium der Homöostase. Damit ist die Aufrechterhaltung sehr spezifischer Bedingungen im Inneren des Lebewesens gemeint, die sich von den Bedingungen der Außenwelt unterscheiden. So liegt der Säuregrad des Blutes beim Kaninchen zum Beispiel bei pH 7,6 und das Kaninchen muss ihn sehr eng an diesem Wert halten, weil schon geringfügige Abweichungen schwerwiegende, zum Teil tödliche Folgen haben können. Die Körpertemperatur des Kaninchens liegt weitgehend konstant bei 37°C, unabhängig davon, ob es Winter oder Sommer ist. Die Eiche enthält in ihren Blättern und Wurzeln diverse Zucker, die man auf dem Waldboden so nicht findet. Und auch die Flamme enthält in ihrem Kern eine heiße Gaswolke aus organischen Stoffen und Sauerstoff, innerhalb derer die Verbrennungsprozesse ablaufen, welche die Flamme erhalten.

Auch hier: Das Kaninchen, die Eiche und die Flamme sind Lebewesen.

Kaninchen:

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Eiche:

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Flamme:

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Wachstum

Ein weiteres Kriterium für Leben ist Wachstum. Ein Kaninchen beginnt sein Leben als kleines Kaninchenbaby und wächst durch Nahrungsaufnahme und Stoffwechsel zum erwachsenen Kaninchen heran. Die Eiche keimt aus der Eichel und mit etwas Glück wird daraus nach Jahrhunderten ein kräftiger und stabiler Baum. Die Flamme beginnt als kleiner Funken und kann unter günstigen Bedingungen bis zur gigantischen Feuersäule anwachsen.

Auch hier: Alle drei sind Lebewesen.

Kaninchen:

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Eiche:

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Flamme:

Check Ja Klein

Fortpflanzung

Mit Fortpflanzung ist gemeint, dass eine Ursprungsgeneration eine Nachfolgegeneration erzeugt. Beim Kaninchen paaren sich Männchen und Weibchen und erzeugen einen Wurf mit mehreren Jungtieren. Bei der Eiche gelangt der Pollen von den männlichen Blüten zu den weiblichen Blüten und es entsteht mit der Eichel ein Samen, aus dem wiederum ein neuer Baum hervorgehen kann. Die Flamme eines Feuers kann durch Teilung und Funkenflug weitere Flammen hervorbringen.

Auch nach diesem Kriterium sind das Kaninchen, die Eiche und die Flamme Lebewesen.

Kaninchen:

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Eiche:

Check Ja Klein

Flamme:

Check Ja Klein

Reizbarkeit

Unter Reizbarkeit versteht man, dass ein Lebewesen auf einen äußeren Stimulus auf irgendeine Weise reagiert. Ein Kaninchen zum Beispiel sucht an einem heißen Tag einen kühleren Ort auf, um eine Überhitzung seines Körpers zu vermeiden. Eine Eiche richtet ihre neu gebildeten Triebe und Blätter so aus, dass sie das Sonnenlicht möglichst ideal einfangen können. Und eine Flamme? Für eine Flamme sehe ich kein Beispiel für Reizbarkeit.

Nach diesem Kriterium sind das Kaninchen und die Eiche Lebewesen, die Flamme jedoch nicht.

Kaninchen:

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Eiche:

Check Ja Klein

Flamme:

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Zellen

Alle Lebewesen sind aus Zellen aufgebaut. Das sind die kleinsten abgegrenzten Einheiten, in denen die zur Aufrechterhaltung des Lebens erforderlichen chemischen Reaktionen ablaufen. Der Körper des Kaninchens ist aus Zellen aufgebaut, die einen Zellkern, ein Zellplasma, eine Membran und noch andere Bestandteile aufweisen. Bei den Zellen der Eiche kommen noch Chloroplasten und Zellwände hinzu. Und bei der Flamme? Hier gibt es keine Zellen. Die Flamme enttäuscht uns schon wieder.

Nach diesem Kriterium sind das Kaninchen und die Eiche Lebewesen, die Flamme jedoch nicht.

Kaninchen:

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Eiche:

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Flamme:

Check Nein klein

Evolution

Alle Lebewesen unterliegen einer Evolution. Damit ist gemeint, dass sich die Nachfahren immer ein bisschen in ihren Eigenschaften von ihren Vorfahren unterscheiden werden. Über viele Generationen hinweg können daraus verbesserte oder verschlechterte Angepasstheiten an die jeweiligen Lebensumstände entstehen. Beim Kaninchen und bei der Eiche ist eine Evolution von einer Generation zur nächsten nicht direkt offensichtlich. Jedoch können wir in der Erbsubstanz der beiden kleinste Veränderungen nachweisen, die Folgen spontaner Mutationen und kleinster Kopierfehler. Ob sich diese Änderungen auf die körperliche Gestalt oder auf die Funktionsweise des Körpers auswirken, muss man im Einzelfall betrachten. Jedoch erfüllen diese geringfügigen Veränderungen das Kriterium der Evolution.

Und die Flamme? Die Flamme enthält keine Art von Speicher, der ihr Aussehen bestimmt. Die Flamme wird unter identischen Ausgangsbedingungen immer gleich aussehen. Somit erfüllt die Flamme nicht das Kriterium der Evolution.

Somit sind das Kaninchen und die Eiche auch in diesem Punkt Lebewesen, die Flamme jedoch nicht.

Kaninchen:

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Eiche:

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Flamme:

Check Nein klein

Fazit

Das Kaninchen und die Eiche haben alle Tests für die Existenz von Leben bestanden. Das beruhigt, denn Tiere und Pflanzen gelten allgemein als Lebewesen. Somit sind unsere Kriterien, anhand derer wir Leben definieren, durchaus sinnvoll.

Die Flamme erfüllt einige Kriterien für Leben, jedoch nicht alle. Somit ist die Flamme ein Beispiel für Nicht-Leben.

War das nachvollziehbar? Wie denkst Du darüber? Sind diese Merkmale bereits gut geeignet, um Leben von Nicht-Leben unterscheiden zu können? Kennst Du Beispiele, die sich nicht ganz eindeutig zuordnen lassen? Lass es mich in den Kommentaren wissen.

Zum Weiterlesen

Erwin Schrödinger: Was ist Leben? Piper Verlag, München 2001, ISBN 3-492-21134-8. (Überarbeitung der 2. Auflage der deutschsprachigen Ausgabe von 1951)

Manfred Eigen: Stufen zum Leben. Die frühe Evolution im Visier der Molekularbiologie. 3. Auflage. Piper Verlag, 1993, ISBN 3-492-10765-6. (Erstauflage 1987)

Christian De Duve: Blueprint for a Cell. The Nature and Origin of Life. Neil Patterson, Burlington, NC 1991. (mit Bibliografie)

Daniel E. Koshland: Special essay. The seven pillars of life. In: Science. Band 295, Nummer 5563, März 2002, ISSN 1095-9203, S. 2215–2216, doi:10.1126/science.1068489. PMID 11910092.

Noam Lahav: Biogenetics – Theories of Life’s Origin. New York 1999

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